„Wenn er einmal läuft, kannst du beschleunigen. Aber am Anfang immer sachte“, rät Orgelbaumeister Stefan Linke seinem Azubi Jonah Halfmann. Dieser hat in diesem Moment keine geringere Aufgabe, als den rund 200 kg schweren Spieltisch der Klais-Orgel in der Kirche St. Laurentius per Lastenaufzug von der Empore hinunter in den Kirchenraum zu manövrieren. Meter für Meter senkt sich die Plattform mit dem wertvollen Instrument gen Boden – und landet schließlich sanft. Ein weiterer Schritt der komplexen Aufgabe „Orgelumzug“ ist geschafft.
Derzeit ist ein vierköpfiges Team des Münsteraner Orgelbauunternehmens Fleiter damit beschäftigt, die Klais-Orgel Stück für Stück auseinanderzunehmen, um sie anschließend zu verladen und einzulagern – bis sie voraussichtlich im Sommer 2025 in der Annabergkirche überarbeitet und elektrifiziert wieder zum Einsatz kommen wird. Innerhalb von fünf Tagen wollen Betriebsleiter Linke, seine Orgelbauerkollegen Ralf Freise und Rostyslav Utukin sowie Azubi Jonah mit dem Abtransport fertig sein. Die Einzelteile finden sich im Kirchenraum und auf der Empore verteilt – einem gigantischen 3D-Puzzle gleich, dessen Wiederzusammenbau zumindest einem Normalsterblichen fast unmöglich erscheint. Ralf Freise schmunzelt: „Das geht schon. Solange die Komponenten an den Montagestellen nicht auf ewige Unzertrennlichkeit verklebt wurden. Aber hier sieht es nicht danach aus.“ Freise ist gelernter Tischler und seit 35 Jahren als Orgelbauer tätig - auch das Instrument aus St. Laurentius kennt er aus seiner beruflichen Laufbahn. Die Funktionsweise einer mechanischen Orgel, die einer eigenen Wissenschaft gleichkommt, spult er aus dem Effeff ab – und man spürt die Begeisterung dahinter.
Die brauche man auch, bestätigt sein Chef Stefan Linke. „Gerade bei den älteren Instrumenten, die noch nicht elektrifiziert sind. Bei diesen Orgeln genügt ein Verrücken von Millimetern, und schon klingt der Ton anders.“ Liebevoll nimmt der Handwerker eine der insgesamt 2200 glänzenden Orgelpfeifen in die Hand, die ebenfalls schon für das Verladen in den Lastwagen bereitliegen. „Jede davon ist handgefertigt. Und jede davon ist ein Lautsprecher, eine schwingende Luftsäule.“ Für den Ton, der hieraus entstehe, zieht er den Vergleich zu einer Schallplatte: „Da ist nichts komprimiert wie auf einer CD, da ist der Klang in seiner kompletten Fülle da. Mich wundert es auch nicht, dass die Leute inzwischen wieder öfter LPs kaufen. Das ist ein ganz anderes Musikerlebnis.“ Der Neupreis für eine Klais-Orgel liegt übrigens bei 500.000 Euro.
Kantor Thomas Drees, der das Zerlegen des Instruments mit großem Interesse verfolgt, pflichtet dem Meister bei. Und zieht seinen imaginären Hut: „Spielen kann ich die Orgel vielleicht, aber das hier könnte ich nie.“ Ralf Freise lacht: „Naja, dafür können wir alle nicht Orgel spielen!“
Man merkt, dass Linke und Freise gern noch lange über das Faszinosum Orgel sprechen würden. Aber die Zeit drückt. Wir schlagen spontan vor, nach erfolgreich absolviertem Umzug auf den Annaberg einmal einen kleinen Vortragsabend für alle Interessierten in der Pfarrei anzuberaumen. „Ja klar, warum nicht?“, freut sich Stefan Linke. Wir nehmen ihn beim Wort!
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Übrigens: Das Spendenaufkommen für den Orgelumzug liegt inzwischen bei über 32.300 Euro. Hierfür an alle, die das Projekt unterstützen, noch einmal einen ganz herzlichen Dank!
Insgesamt wird die Maßnahme rund 100.000 Euro kosten, wobei 70.000 Euro an Eigenkapital aufgebracht werden müssen. Hierzu wird die Pfarrei in nächster Zeit noch einige Benefizveranstaltungen anbieten.
Spendenkonto: DE 82 4015 4530 0000 0287 46, Kennwort: "Orgel-Umzug"
Für eine Spende ab 200 Euro haben sie die Möglichkeit, namentlich auf einer Spendentafel erwähnt zu werden, die nach dem Umzug an der Orgel zu sehen sein wird.