»Denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.« Jeremia 29,11

Der Brunnen hinter der Pilgereinkehrstätte

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Der Brunnen hinter der Pilgereinkehrstätte

Der Brunnen hinter der Pilgereinkehrstätte

Der Brunnen auf dem Parkplatz hinter der Pilgereinkehrstätte wird wohl wegen seiner Lage von den meisten Besuchern des Annabergs kaum mit der Geschichte der Wallfahrtsstätte in Verbindung gebracht. Jedoch liegt hier der Ausgangspunkt für die Wallfahrten zum Annaberg.

So schreibt 1556 der an der Pfarrkirche St. Georg in Lünen tätige Vikar Gregorius Spormeker, dass sich im Mai auf dem Annaberg bei Haltern eine Quelle aufgetan hat, in der sich ein vom "Blutgang" befallener Hirte wusch und nach einem Gebet vor dem Bildnis der Mutter Anna, das sich an der dortigen Wegekapelle befand, gänzlich geheilt worden sei. Als diese Heilung bekannt wurde, setzte ein großer Zulauf zum Annaberg ein, der als Beginn der Wallfahrten angesehen werden kann. Zunächst galt der Zulauf ausschließlich dem "wundertätigen oder auch heiligen Wasser" und erst um 1650 kam die Annenverehrung hinzu.

Bemerkenswert sind in dem Text zwei Stellen. Zum einen, dass von einer neuen Quelle auf dem Annaberg berichtet wird, der an der dortigen Stelle mehr als 60 Meter über dem Meeresspiegel liegt, nicht aber von einem Brunnen, für den ein Schacht hätte ausgehoben oder gebohrt werden müssen. Zum anderen soll der Hirte vor dem Bildnis der Mutter Anna in einer Wegekapelle (Bethäuschen) gebetet haben. Damals hat es nur eine Wegekapelle gegeben, denn erst 1654 - also rund 100 Jahre später - ist die heute Wallfahrtskapelle gebaut worden.

Die "wundertätige Quelle" wurde schon in den ersten Jahren nach der Heilung des Hirten (1556) über Haltern hinaus bekannt und berühmt, so dass der Besuch von außerhalb täglich zunahm, wie der damalige Halterner Pfarrer an St. Sixtus, Hermann Boecker (1639-64), in seiner Chronik von 1652 berichtet. Da einige Besucher aus der Quelle Wasser schöpften und dann tranken, andere aber darin gleichzeitig ihre Füße wuschen, erhielt Boecker vom Archdiakon (Vertreter des Bischofs) den Auftrag, die Quelle zu reinigen und auszubauen.

Daraufhin ließ er 1650 einen Brunnen bauen und setzte eine Pumpe ein, für die der Halterner Richter Besten "gutwillig zur Ehre Gottes" die Kosten übernahm. In den weiteren Jahren sei der Besuch des Brunnens stark zurückgegangen und habe fast ganz aufgehört. Wallfahrer kamen dann nur noch zur Annenverehrung, der Brunnen geriet in Vergessenheit. Erst in der "Chronik der Stadt Haltern von 1839" wird erwähnt, dass sich zu der Zeit noch eine Pumpe an dem Brunnen befand. Danach ist er offenbar abgetragen und dem Erdboden gleichgemacht worden.

Neue Nachforschungen im Jahr 1981

Durch die "Halterner Heimatfreunde" kam 1981 Bewegung in die Angelegenheit zur Wiederauffindung des Brunnens. Man hatte den Hinweis bekommen, dass hinter der früheren Gaststätte "Annaberger Hof" - heute steht dort die Pilgereinkehrstätte - in einer flachen Mulde einige Steinknauern lagen, die von einem Holunderbusch überwuchert waren.

Nach Genehmigung durch die Kirchengemeinde St. Sixtus, die Grundstückseigentümerin ist, wurde beschlossen, den vermeintlichen Brunnen zu ergraben. Dazu trafen sich im April 1981 vier der "Heimatfreunde Haltern" auf dem Annaberg. Nachdem Schutt und Gerümpel abgetragen worden waren, traten die aus Bruchsteinen gemauerten Seitenwände eines alten Brunnens zutage. Mit einem Spaten wurde das Erdreich ausgehoben und schon in einer Tiefe von ungefähr 1,40 Meter drang durch den sandigen Boden plötzlich Wasser.

Man könnte die ganze Angelegenheit schon als Wunder betrachten, da bereits nach 1,40 Meter unter Bodenniveau auf dem Annaberg in einer Höhe von etwa 60 Meter über dem Meeresspiegel Wasser zutage tritt. Dagegen stieß man bei dem um 1870 angelegten "Anna-Pütt", der gut 100 Meter weiter südlich in der Kurve an der Straße gegenüber der Pilgereinkehrstätte liegt, erst in etwa 20 Metern Tiefe auf Wasser. In rund 160 Arbeitsstunden haben die "Heimatfreunde" den wieder entdeckten "alten Anna-Brunnen" als Ziehbrunnen mit Bruchsteinen aus der Hohen Mark hergerichtet.

Erklärung des „Wunders“ und heutige Schäden

Das Vorhandensein von Wasser auf dem Annaberg in nur geringer Tiefe ist weniger einem Wunder, sondern eher einem geologischen Sonderfall zu verdanken, da die oberen Bodenschichten aus Sand und Lehm dort auf einem mächtigen Mergellager ruhen, das von oben eindringendes Wasser nicht durchlässt."

Die Aufmauerung des Brunnens ist schon mehrfach beschädigt und immer wieder ausgebessert worden. Zudem ist die Pflege des Brunnenschachts, der immer wieder mit leeren Dosen, Steinen und altem Holz "zugemüllt" wurde, ein Problem. Um zu verhindern, dass weiterhin alle Art von Unrat in den Brunnen geworfen wird, haben die "Heimatfreunde Haltern" 2004 einen durch Spenden finanzierten Gitterrost anbringen lassen. Leider kann auch bis heute dadurch nicht verhindert werden, dass durch die engen Abstände zwischen Brunnenwand und Gitterrost weiterhin Müll in den Brunnen geworfen wird, so dass eine klare Wasserfläche nicht mehr zu sehen ist. Zudem ist der Ziehbaum inzwischen zweimal von Unbekannten abgesägt und bisher nicht erneuert worden.

U. Backmann