Am Montag, 24. Oktober 2022, waren Anna und Isabel Staps von der Initiative #outinchurch zu einem Gesprächsabend im Pfarrheim St. Joseph in Sythen zu Gast. Offen, ehrlich und unterhaltsam berichteten die beiden jungen Frauen, die seit 2021 verheiratet sind, von ihren Erfahrungen im Studium, ihren privaten und beruflichen Plänen, ihrem Alltag in den verschiedensten Kontexten sowie natürlich ihrem Engagement bei #outinchurch, das sich für die Rechte nicht-heterosexueller Menschen im kirchlichen Arbeitsbereich einsetzt.
"Unser Ziel ist, dass wir einfach mitgedacht und mitformuliert und nicht auf unser Queersein reduziert werden", erklärten die beiden studierten Theologinnen. Davon sei die Kirche leider nach wie vor weit entfernt. "Kirchen haben auf Forderungen zum Arbeitsrecht mit einer neuen Grundordnung reagiert, dann aber kam es zu dem Eklat beim Synodalen Weg, bei welchem das Papier an der Sperrminorität der Bischöfe gescheitert ist. Dazu kam die negative Antwort aus Rom auf die Frage, ob homosexuelle Paare getraut werden dürfen." Der Weg sei noch ziemlich weit, erste Schritte gleichwohl gemacht - wie die ungebrochene positive Resonanz auf die Initiative #outinchurch zeige, insbesondere auch in vielen Gemeinden. "Was es braucht, sind Bistumsleitungen, die etwas ändern."
Die 29-jährige Anna und die 24-jährige Isabel sind fest in ihrem Glauben verankert. Erst vor wenigen Wochen sind sie von einer fünfmonatigen Pilgertour auf dem Jakobsweg zurückgekehrt, 2030 Kilometer haben sie zwischen ihrem fränkischen Heimatort Frammersbach und der spanischen Küste noch weit hinter Santiago de Compostela zurückgelegt. "Eine tolle Erfahrung für unsere Beziehung, so viel Zeit am Stück haben wir noch nie zusammen verbracht", schmunzelt Anna. Sie selbst ist in Frammersbach aufgewachsen, einer sehr katholischen Gegend. "Allerdings hatte ich einen sehr schlechten Religionsunterricht in der Schule und habe deshalb beschlossen, Theologie auf Lehramt für Berufsschule zu studieren, um es besser zu machen." Vorher habe sie Maler und Lackierer gelernt.
An der Theologischen Fakultät in Münster traf sie dann Isabel, die aus der "Diaspora" in der Nähe von Erfurt kam: "Wir waren ganze vier katholische Kinder an der Grundschule." Isabel trat das Studium mit dem Ziel an, Pastoralreferentin zu werden.
"Wir möchten nicht an einem Tisch essen, an dem wir nicht eingeladen sind"
Aus Freundschaft wurde Liebe, im Frühjahr 2021 heirateten die beiden standesamtlich. "Die Reaktionen auf unsere Beziehung waren nicht durchweg, aber großteils positiv. Wir haben relativ viele queere Menschen im Freundeskreis. Und auch an der Uni war es sehr entspannt." Für das nächste Jahr planen Anna und Isabel eine große Hochzeitsfeier - "mit gottesdienstlichem Element, da die göttliche Kraft in unserer Beziehung eine große Rolle spielt". Eine kirchliche Trauung hingegen kommt für sie nicht in Frage. "Wir möchten nicht an einem Tisch essen, an dem wir nicht eingeladen sind", umschreibt Isabel die Gründe. "Der Priester, der uns trauen würde, gehört ja qua Amt immer noch zu der Kirche, die uns im Grunde nicht will."
Dies sei "ein echter Schlag in die Magengrube für uns als Kirche", so Michael Ostholthoff, der sich mit der Trauung eines homosexuellen Paares in Haltern vor einem Jahr selbst einigen Ärger mit dem Nuntius in Berlin eingehandelt hatte. "Dabei ist es rein intuitiv doch so eindeutig: Wie sollte man das Evangelium anders interpretieren, als dass jeder und jede sich in dieser Kirche beheimatet fühlen soll?" Dem stimmten Anna und Isabel voll zu: "'Gott ist Liebe' ist der Kernsatz, und alles, was darauf passt, ist richtig." Mehr noch: "Jedes Bild, das wir uns von Gott machen, kann nie vollständig sein - ist Gott damit nicht auch divers?"
Hier wiederum volle Zustimmung von Michael Ostholthoff: "Ich habe im vergangenen Jahr zu Weihnachten über Gott* – also Gott mit vermeintlichem Gender-Sternchen – gepredigt. Ich habe diesen Stern aber interpretiert als Stern von Bethlehem, der uns zu Gott als dem ganz anderen führen will. Und ich habe noch nie so viel negative Rückmeldung bekommen", erklärte unser Pfarrer mit einem Unterton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er es genau so wieder machen würde.
Während Anna von ihren Plänen, Religionslehrerin zu werden, erst einmal abgerückt und statt dessen ehrenamtlich in der Ministrantenarbeit aktiv ist, beginnt Isabel in Kürze ihre Assistenzzeit in der Ausbildung zur Pastoralreferentin. "Wir hoffen, dass du dabei rundum positiv überrascht wirst", so Michael Ostholthoff. Und damit sprach er wohl jedem Anwesenden an diesem Abend aus dem Herzen.
Diese hatten im Anschluss an das "offizielle" Gespräch noch die Gelegenheit, sich bei einem Glas Wein mit Anna, Isabel und den anderen Besuchern auszutauschen - ein Angebot, das ausgiebig angenommen wurde.
Wir danken Anna und Isabel Staps für ihren - hoffentlich nicht letzten - Besuch bei uns und für einen Abend, von dem definitiv jeder, der dabei war, viel mitgenommen hat.
Anna und Isabel auf Instagram: #liebeimbiergarten